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Bericht YB – Roter Stern Belgrad 2:2 (1:1)

Grosses Spiel. Grosse Emotionen. Grosse Spannung. Grosse Freude. Grosses Ärgernis. Grosse Scheisse. Grosse Reaktion. Grosse Freude. Grosse Spannung. Grosse Vorfreude. Und doch: Ärgernis. Meine Gefühlsachterbahn nach 90 Minuten Champions-League-Qualifikation. Und dieses Gefühl, dass etwas mehr möglich gewesen wäre. Es fehlten gleich mehrmals nur Zentimeter. Oder das Quäntchen Wettkampfglück. Oder das bisschen Cleverness. Oder auch die Erfahrung auf diesem Niveau. Das Umgehen mit Druck. Mit den Erwartungen. Mit der Hoffnung.

Das Spiel, es hätte kaum besser beginnen können. Roger Assalé, der ivorische Wirbelwind, zeigte in seiner ersten Szene eine kaum bekannte Abschlussstärke. Ein Schuss, ein Tor. Erleichterung, Hoffnung, Optimismus. Die Heimmannschaft hatte das Spiel im Griff, war dominant, mutig, frech, stand hoch, griff früh an. Ein herrliches Zusammenspiel zwischen Assalé, Nsame und Aebischer hätte früh ein zweites Tor bringen können, sollen, müssen. Doch leider ist Aebischer, trotz aller unglaublicher Fortschritte, noch kein abgebrühter Scorer.

Dennoch, das Gezeigte machte Freude. Der Gast aus Belgrad hatte bis zu dem Zeitpunkt nicht wirklich ins Spiel gefunden. Einzig mit dem ersten Standard, ein von Marin geschlagener Eckball, deutete er an, wo für YB Gefahr lauern könnte. Leider war es der zweite Eckball, der genau diese Gefahr in Erkenntnis umwandelte. Dies, obwohl Degeneks Ausgleich der wohl glücklichste Kopfballtreffer dieses Fussballsommers war. Wenn du einen solchen Bogenball üben willst, gelingt das vermutlich kein einziges Mal.

Das Auswärtstor, es schien das grosse Ziel für die roten Sterne zu sein. Direkt danach zogen sie sich noch weiter zurück, verteidigten oft zu elft in der eigenen Platzhälfte und machten weniger als nichts für ein schönes Spiel. Ihr Fokus lag auf Kontern, die sie dank individueller Klasse aber stark ausspielten. Einmal rettete der unglaublich starke Lustenberger auf der Linie, einmal von Ballmoos in höchster Not.

Das Spiel aber, es wurde von YB gemacht. Mehr Ballbesitz, mehr Abschlüsse, mehr Versuche, mehr Spielwitz, mehr Mut, mehr Engagement – alles sprach fürs Heimteam. In der Pause überall der Optimismus, dass diese Spielweise belohnt werden wird. Belohnt werden muss. Und dann kam die kalte Dusche. Kaum war der Ball wieder im Spiel, unterlief der international unerfahrenen YB-Abwehr ein folgenschwerer Fehler im Aufbau. Die Serben erkannten die Situation blitzschnell und nutzten sie eiskalt aus. Ausgerechnet der in der letzten Woche verpflichtete Mateo Garcia war für das zu diesem Zeitpunkt glückliche Führungstor der Gäste verantwortlich.

Das Gegentor war ein Stimmungskiller, auf und neben dem Platz. Aber es sind diese Situationen, in welchen sichtbar wird, wer die Leader in einer Mannschaft sind. Lustenberger, der unermüdliche Antreiber. Aebischer, der in dieser Saison mehr Verantwortung übernehmen will. Sowie Martins, der Chef im Mittelfeld, motivierte seine Mitspieler. Und er ging regelmässig mit gutem Beispiel voran, forderte Bälle und brachte mit seiner Wucht auch eine gesunde Aggressivität und Dominanz ins Mittelfeld.

Und natürlich ist da noch er: Der grosse Franzose, YBs Lebensversicherung, YBs Herz, YBs Hoffnung, YBs Fussballer des Jahrhunderts, YBs Held. Er, der wie kein anderer vorlebt, was Freude am Sport heisst. Er, der allein dadurch, dass er an der Seitenlinie zum Einwechseln bereitsteht, einen Schub in die Mannschaft bringt. Und mit dessen Einwechslung jeder auf Platz noch ein bisschen mehr Kraftreserven freischaufeln kann. So war es kein Zufall, dass, kaum war Hoarau auf dem Platz, Ngamaleu mit einem Energieanfall im Sechzehner nur mit einem Foulspiel gestoppt werden konnte. Elfmeter in wichtigen Spielen: Kaum einer verwandelt sie so traumhaft sicher wie Hoarau.

In der Schlussviertelstunde dann nochmals die ganze Achterbahn der Gefühle, mehrmals stand YB nur Zentimeter vom siegbringenden Tor entfernt, aber es wollte an diesem Abend einfach nicht fallen.

Der Schlusspfiff, selten waren die Emotionen zweigeteilter. Es steht nur 2:2. Es steht immerhin 2:2. Ist das 2:2 jetzt eine gute Ausgangslage? Das Spiel liess viele Fragen offen, umso mehr können wir uns auf das Rückspiel freuen. Es wartet im Hexenkessel in Belgrad sicher keine einfache, aber auch keine unlösbare Aufgabe. Und wenn Hoarau und Sulejmani spielen, kann erneut vieles möglich sein…

Die Noten:

Von Ballmoos: 5 // häufig beschäftigungslos, aber stark, wenn es ihn brauchte. Bei den Gegentoren mit viel Pech, dafür leitet er den Führungstreffer ein.

Garcia: 4 // offensiv stärker als defensiv, aber mit grossem Einsatz.

Lustenberger: 5,5 // der Chef, gewann praktisch jedes Kopfballduell, dirigierte seine junge Abwehr gekonnt

Zesiger: 3,5 // einige starke Tacklings in der Schlussphase, aber auch häufig unglücklich am Ball, leider mit zu vielen Fehlern

Lotomba: 4,5 // verpasst den Block beim zweiten Gegentor um Zentimeter, aber mit gutem Spiel

Aebischer: 4,5 // macht ein gutes Spiel, könnte es aber früh in bessere Bahnen lenken

Martins: 5 // war der dominierende Mann im Mittelfeld

Sierro: 4 // darf sich am Ball noch mehr zutrauen. Und zwischendurch gerne mal einen Standard ausführen

Assalé: 4,5 // tolles Führungstor, aber in der Rückwärtsbewegung teilweise sehr unmotiviert

Ngamaleu: 5 // ein Edeltechniker mit viel Einsatz

Nsame: 4 // viel Anspielbar, viel unterwegs, aber ohne grosse Gefahr vor dem Tor und taucht zu häufig ab

Fassnacht (57′ für Sierro) // ohne Note, war aber bemüht und suchte den Abschluss

Janko (67′ für Garcia) // ohne Note, seine Einwechslung brachte kaum neuen Wind ins Spiel

Hoarau (73′ für Aebischer) // ohne Note, aber ein Gewinn dass er zurück ist

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