YB – Servette-Genf 1:1 (1:1)

Wer einmal im Wankdorf zu Gast ist, will bleiben. So fühlte es sich nach den zwei Monaten Unterbruch an, wie ein nach Hause kommen. Der Weg ins Wankdorf, sich an seinem angestammten Platz einfinden, die Sitznachbarn nach der langen Sommerpause begrüssen, den Blick auf die Gelbschwarzen beim Einspielen richten – alles wie gewohnt. Und doch schienen da Fehler im Bild zu sein. Das Grün des Plastiks ist satter als noch in der letzten Saison, die Unterlage, auf welcher zwei Meistertitel gewonnen werden konnte, wurde ersetzt. Die Übungen beim Aufwärmen sind leicht angepasst. Und in der Mannschaft fehlen einige bekannte Gesichter, allen voran der zurückgetretene Captain Steve von Bergen wurde im gewohnten Bild vermisst.

Auch der Captain des Frauen-Teams von YB fehlt. Florijana Ismaili ist viel zu jung tragisch verstorben. Ebenso musste vom ehemaligen YB-Präsidenten Ruedi Baer, nach einer Hirnblutung, Abschied genommen werden. Und als dem Berner Stadionspeaker Beat Liechti die Stimme beim Ankündigen der Schweigeminute beinahe brach, die Tränen in der Stimme zu hören waren: Da war es wieder, dieses Gefühl des nach Hause kommen, die Gewissheit, dass YB eine Familie ist.

In Ehren der beiden Verstorbenen galt es, die neue Saison in Angriff zu nehmen.

Es gibt angenehmeres, als die neue Saison gegen den Aufsteiger aus der Challenge League zu beginnen.
Es gibt angenehmeres, als die neue Saison gegen den amtierenden Meister zu beginnen.

Mit dieser Ausgangslage gingen der Aufsteiger aus Genf und der Meister aus Bern in diese neue Saison. In den ersten zehn Minuten schien es, als ob das Heimteam dabei seine Stärken besser auszuspielen vermochte. Den Genfern ging es zu Beginn schlicht zu schnell. Der frühe Führungstreffer durch den seit Wochen überragenden Moumi Ngamaleu war von Sulejmani stark vorbereitet worden. Und als Nsame kurz darauf eine Grosschance von Servette-Goalie Frick abgewehrt sah, zweifelten die wenigsten an einem ersten, deutlichen Sieg des Meisters. Aber dann, aber dann. Dann riss der Faden. Der rote Faden, der YB letzte Saison so unglaublich stark gemacht hatte. Aus der Verteidigung kamen zu wenig saubere Bälle, im Mittelfeld wurde zu wenig Druck entwickelt, von den Flügeln kamen zu wenig gefährliche Hereingaben, von den Stürmern wurden kaum Abschlüsse gesucht – von YB kam schlicht zu wenig.

Die Verkettung dieser Umstände zeigten dem Gast aus der Westschweiz, dass in Bern im ersten Spiel mehr drin liegen könnte als eine ehrenvolle Niederlage. Und die Grenats wurden frech und frecher. Plötzlich waren sie es, die innert 10 Minuten zu drei Grosschancen kamen. Und als der auffällige Cognat nach einem mehrheitlich ungestörten Lauf von einem Sechzehner zum andern ideal auf Wüthrich spielte, sah YB uralt aus. Dieser Ausgleichstreffer hatte sich abgezeichnet. Doch für YB kam es noch schlimmer: Direkt nach dem Gegentor musste Neo-Captain Lustenberger den Platz aufgrund einer Verletzung verlassen. YB fand bis zum Pausenpfiff praktisch gar nicht mehr statt.

Wenn Seoane in seiner Halbzeitpredigt bisher so häufig die richtigen Worte fand, so hofften die Gelbschwarzen Anhänger vergebens auf eine Besserung in Halbzeit zwei. Es waren vielmehr weiterhin mehrheitlich die Genfer, die dem Spiel den Stempel aufzudrücken vermochten.

Dass YB trotzdem noch zur besten Chance kam, beweist, dass auch die neue Mannschaft über Charakter verfügt; diesem Glauben und dem Willen zum Sieg, selbst wenn das Spiel nicht für einen gelaufen ist. Aber Sierros Visier ist noch nicht richtig justiert, sein Abschluss von der Strafraumgrenze flog übers Tor.

Die schlussendlich verdiente Punkteteilung zeigt: YB muss sich erst finden und Servette wird in der obersten Liga mehr sein, als nur ein Punktelieferant. Die Genfer sind gekommen, um zu bleiben.

Die Noten:

von Ballmoos: 5,5 // sicherer Rückhalt, unsichere Abstösse

Garcia: 4 // am Anfang aktiv, baute danach stark ab, lässt beim Gegentor Wüthrich ziehen

Lustenberger: 5 // ruhig am Ball, abgeklärt, gute erste 30 Minuten im YB-Dress

Zesiger: 4 // er hat Potential, muss sich aber steigern um gegen Camara den Vorzug zu erhalten

Lotomba: 4 // kann seine lange Verletzungspause nicht kaschieren, der Junge braucht jetzt Spiele

Sulejmani: 4,5 // zusammen mit Ngamaleu lange der aktivste Berner, schön dass er zurück ist

Sierro: 4 // ein starker Techniker, der seinen Platz noch sucht

Aebischer: 3,5 // ging unter, von ihm kamen zu wenig Impulse

Ngamaleu: 5 // der einzige Torschütze, fleissig, aber auch oft unglücklich in seinen Dribblings

Nsame: 4 // gegen seine alten Kollegen bemüht, aber ohne Durchschlagskraft

Hoarau: 3,5 // Air France ist noch nicht in der neuen Saison gelandet

Bürgy (34′ für Lustenberger): 4,5 // nach Kaltstart solid, aber am Ball manchmal noch zu unüberlegt

Spielmann (60′ für Sulejmani): 4 // suchte immerhin den Abschluss, seine Einwechslung ansonsten aber wirkungslos

Gaudino (82′ für Aebischer): zu kurz für eine Note // eine frühere Einwechslung hätte vermutlich mehr gebracht

Tags: Keine Tags

Add a Comment

Your email address will not be published. Required fields are marked *

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.