BSC YB – FC Basel 3:1

Es läuft die 79. Minute. Kevin Mbabu, zwei Zeigerumdrehungen vorher eingewechselt, lässt auf der rechten Seite Basels Riveros stehen und flankt zur Mitte, wo Guillaume Hoarau um Zentimeter seinen dritten Treffer verpasst. Es wäre wohl die Vorentscheidung gewesen und ein Tor zum richtigen Zeitpunkt, ein sogenannter „Baldriantreffer“ halt. Denn der Leader aus Basel war dank einem Handspenalty doch noch zum Anschlusstreffer gekommen und hatte danach trotz allem die eine oder andere Möglichkeit, sogar den Ausgleich zu schaffen. Ein solcher wäre aus Berner Sicht äusserst bitter gewesen. Denn was die Mannschaft zeigte, übertraf sämtliche Erwartungen. Es fehlten wichtige Spieler verletzt oder gesperrt. Vor allem die Absenzen im Zentrum würden, so war zu befürchten, gegen diesen Gegner besonders schwer wiegen. Trainer-Fuchs Hütter verblüffte mit der Nomination von Kasim Adams Nuhu auf der „Sechs“ und liess davor neben Leonardo Bertone, YB’s KV-Stift Michel Aebischer auflaufen. Letzterer gab des Trainers Vertrauen in Form einer erstaunlich abgebrühten Leistung zurück und sorgte zusammen mit Bertone und Nuhu dafür, dass der Ligakrösus in der ersten Hälfte eigentlich nie richtig gefährlich vor das Berner Tor kam. Und wenn, dann war es nach Standards. So in der fünften Minute, als Mvogo gegen Langs Kopfball eine erste Parade auspacken musste. Eine Zeigerumdrehung später war es aber Gelbschwarz, welches sich ein erstes Mal in den Armen lag. In Usain Bolt-Manier hatte Jan Lecjaks auf der linken Seite nach einem feinen Pass von Nuhu nicht nur den Basler Lang, sondern gleich auch noch Teamkollege Sulejmani überlaufen, spielte scharf zur Mitte, Vaclik musste vor dem heranstürmenden Schick intervenieren und lenkte den Ball vor die Füsse Hoaraus. Dieser tat, was er in solchen Situationen meistens tut – er versenkte die Kugel im Netz. Sechs Minuten waren da gespielt und das Spiel so richtig lanciert. Bis zur Pause verpasste YB den Führungsausbau, weil Schick einmal an Vaclik scheiterte und einmal knapp am Tor vorbei schoss. Von Basel kam praktisch nichts, zu gut stand YB und zu einfallslos agierte der bis dato ungeschlagene Leader. Und es war beim Pausenpfiff ausgerechnet der starke „Neo-Sechser“ Nuhu, welcher Basel etwas Hilfe anbot und für eine versuchte Tätlichkeit an Renato Steffen zurecht die rote Karte sah.

So stellte man sich auf den Rängen auf eine ganz schwierige zweite Halbzeit ein und es soll solche gegeben haben, die nun nicht mehr nur der Kälte wegen zu bibbern begannen. Doch Guillaume Hoarau verstärkte die Zuversicht in den gelbschwarzen Reihen wieder. Nach einem langen Ball von Bergens setzte er gemeinsam mit dem zur Pause für Sulejmani eingewechselten Gerndt nach, Basels Suchy und Goalie Vaclik kriegten das Muffensausen und vertändelten den Ball. Während Gerndt noch scheiterte, war erneut Hoarau zur Stelle und schoss ein zum 2:0. Auch in der Folge hatten die Berner das Geschehen trotz numerischer Unterlegenheit relativ gut im Griff. Basel hatte nun zwar deutlich mehr vom Spiel, die ganz gefährlichen Aktionen blieben aber vorerst aus. Als aber in der 65. Minute der Ball Scott Sutter vom Oberschenkel an die Hand prallte, blieb dem Österreichischen Schiedsrichter nichts anderes möglich, als auf den Punkt zu zeigen. Delgado verwertete souverän. Weil Basel nach einer Intervention Benitos keinen zweiten Elfer zugestanden erhielt und Mvogo später die beste Ausgleichschance – Doumbia kam aus wenigen Metern zum Kopfball – spektakulär zur Nichte machte, stand es also in der 79. Minute immer noch 2:1 für die aufopfernd kämpfenden Berner. Es kam zu Eingangs erwähnter Szene, in welcher Hoarau ganz knapp an der Vorentscheidung vorbeischrammte. Doch der aufgerückte Jan Lecjaks war zur Stelle, um den Ball zu erben. Er dribbelte Calla einen Knoten in die Beine flankte gefühlvoll zurück in die Mitte: Kopfball Mbabu, Tor, gelbschwarze Ekstase. Es war die Erlösung, zu wenig hatte Basel auszurichten, als ob man sich jetzt noch vor einer Wende hätte fürchten müssen.

So landete YB einen grossen und hochverdienten Sieg. Mit einem „Rumpfteam“ angetreten, dazu eine Halbzeit mit einem Mann weniger, hatte man Basel dank taktisch und kämpferisch hervorragender Leistung den Meister gezeigt und bewiesen, dass man den besseren Fussball spielen kann: mit deutlich mehr Ideen, dynamischer, schneller. Und während Adi Hütter mit Aufstellung und perfekten Wechseln erheblich Einfluss nahm und so grossen Anteil hatte am Erfolg, blieb sein Gegenüber blass und einfallslos, obwohl er eigentlich alle Vorteile auf seiner Seite hatte. Umso bitterer, dass der Kampf um den Meistertitel (Einschub als Zwangsoptimist: „mit allergrösster Wahrscheinlichkeit“) trotzdem  bereits entschieden ist. Aber Hand aufs Herz: wer hatte zur Pause schon daran geglaubt, dass YB mit einem 3:1-Sieg aus diesem Spiel gehen würde?

 

Die Noten:

 Mvogo 5,5:        Einmal mehr eine sackstarke Partie unseres Torhüters.

Sutter 4,5:         Verhinderte gegen Bjarnasson kurz nach der Pause den Ausgleich, verursachte später etwas unglücklich den Penalty. Sonst solid.

Von Bergen 5:   Gute Partie des Abwehrchefs, bestätigte den Aufwärtstrend aus dem Lausanne-Spiel.

Benito 5:            Noch einen Tick besser als gegen Piräus. Starke Leistung.

Lecjaks 5,5:       Dem Vernehmen nach sollen Lang und Sulejmani vom Luftzug des Lecjakschen Schmetterantritts vor dem 1:0 immer noch erkältet sein. Grandios auch die Vorarbeit zum 3:1.

Nuhu 3,5:          Starke Partie, aus welcher er sich mit einer Unbeherrschtheit selber frühzeitig verabschiedete und damit der Mannschaft einen Bärendienst erwies. Zum Glück ohne negative Folgen.

Bertone 5:         In letzter Zeit konstant gut, mit einigen grandiosen Zuspielen und starker Zweikampfquote.

Aebischer 5,5:   Gewinner waren sie alle, er aber im Speziellen. Quasi fehlerlose Partie, erstaunlich abgeklärt.

Schick 4,5:        Arbeitete viel, ging weite Wege, kam zu guten Gelegenheiten und gewann sogar einmal ein 1-1. Leider fehlte die Krönung in Form eines Treffers.

Sulejmani 4:      Nicht wie gewünscht im Strumpf, besonders defensiv mit Problemen.

Hoarau 6:          Ja, es mag einfallslos sein, ihm schon wieder die Bestnote zu verleihen. Aber wir können nicht anders. Herrlich wie er sich in der zweiten Halbzeit an Xhaka ranschleicht und ihm von hinten die Kugel wegstibitzt. Und auch wie er sich bei seiner Auswechslung von ihm „verabschiedet“.

Gerndt 4,5:        Es gelang ihm erneut bei weitem nicht alles, war aber mit seiner Aufsässigkeit enorm wichtig für das Berner Unterzahlspiel.

Mbabu:              Starker Kurzauftritt von Mbabu, welcher noch einmal viel Schwung brachte und seine Leistung mit dem 3:1 krönte.

Frey:                  Kam wohl nicht zuletzt auch noch, um Hoarau den verdienten Sonderapplaus zu ermöglichen.

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