Klar die Europa-League Hymne beschert kaum Gänsehautmomente im Gegensatz zu ihrem grossen Bruder – oder besser gesagt reichem Onkel. Trotzdem war der Rahmen für ein europäisches Fussballspiel in würdiger Atmosphäre gegeben. Ein Landesmeister, zwei Traditionsvereine, schöne Abendstimmung, fast volles Haus und eine tolle Fahnenchoreo der YB-Fans. Das Gebotene auf dem Platz konnte dann aber qualitativ den hohen Ansprüchen nicht gerecht werden. YB bemühte sich das Spiel zu gestalten, allerdings mangelte es immer wieder an Genauigkeit und Schnelligkeit. Letzteres war sicherlich auf die aktuelle Personalsituation zurückzuführen. Schliesslich stehen wir in der dritten Englischen Woche, mit einem Kader aus dem sich noch gerade so eine wettbewerbsfähige Mannschaft zusammenstellen lässt. Ersteres hingegen war einfach schlecht von YB. Einfache Bälle wurden verloren, irgendwo ins Aus gespielt und der Spielaufbau der Berner geriet oft schon sehr früh aus seinen geregelten Bahnen. Nur zu selten gelang es den Berner sich nach vorne zu kombinieren, wie bei der Chance Nsames, die er auch im etwas überraschten Zustand verwerten sollte. Oder einige Minuten zuvor als Lustenberger einen perfekt getimten Pass auf Garcia spielte, dieser aber bewies, dass er kein Mittelstürmer ist. Da die Rangers ihrerseits anscheinend nicht viel tun wollten und wohl auch nicht konnten, ergab sich ein doch sehr bescheidenes Spiel. So hatten sich kurz vor dem Pausenpfiff viele schon mit dem logischen 0:0 abgefunden. Viele, aber nicht Alfredo Morelos und auch nicht Cédric Zesiger. Nach einem langen Ball der Schotten machte letzterer eine solch schlechte Figur, das ersterer alleine vor Von Ballmoos nur noch einzuschieben brauchte und den Rangers so die Führung zur Pause ermöglichte.
Diese hielt aber nicht lange Bestand. Die nun aufsässigeren Young Boys standen etwas höher. Als Garcia genug hartnäckig blieb, eroberte er sich mit Nsames Hilfe einen Ball, den er zur perfekten Vorlage für Assalé in den Strafraum spielte. Die Partie war wieder ausgeglichen. Wer sich jetzt allerdings ein Feuerwerk erhoffte wurde enttäuscht. Weiterhin prägten Fehlpässe das Spiel der Berner. Immerhin belebte Gaudino das YB Spiel nun in der Offensive mit mehr Engagement als vor dem Seitenwechsel. Er scheiterte aber mit seinen Abschlüssen am schottischen Torwart und an schottischen Verteidigungsköpfen. Und nach einem schönen Eckball des Deutschen kam Nsame aus guter Position zum Kopfball, allerdings traf er den Ball nicht wie gewünscht. Kurz darauf wurde dann Gaudino für uns etwas überraschend aus dem Spiel genommen. Sicherlich wäre auch Fassnacht ein möglicher Wechselkandidat gewesen, doch Seoane bewies einmal mehr sein gutes Händchen. Fassi nämlich schoss uns zum Sieg! Und weil niemand mehr so richtig daran glauben wollte und das Tor ein klein wenig aus dem Nichts fiel, war es umso schöner. Emotionale Eruption in der 93. Minute im Wankdorfstadion und all die glücklichen Gesichter danach entschädigten für alles, was zuvor geboten wurde. Wieder mal so ein Last Minute Sieg – ein sehr wichtiger sogar, wenn man sich die Tabelle vergegenwärtigt – ist nicht nur für uns Fans, sondern besonders für die Mannschaft enorm wohltuend und wirkt bestimmt auch für die müden Beine etwas schmerzlindernd. Eben doch, egal ob Königs- oder Fürstenklasse, für Gänsehautmomente ist unser BSC immer gut!
Von Ballmoos: 5.5. Hielt YB im Spiel mit einer Glanzparade kurz vor Schluss, ohne Dävu wären wir gestern wohl ohne Punkte geblieben.
Janko: 4.5. War wie immer solid, die letzten PS fehlen ihm aber noch, um sich gegen seine Gegenspieler öfters durchzusetzen.
Zesiger: 3.5. Hatte eine schlechte erste Halbzeit mit vielen Fehlpässen und dem groben Schnitzer, der zum 1:0 führte. In der Zweiten ohne Aussetzer und dass ihm dann noch der Assist auf Fassi gelang (obwohl wohl eher dem Zufall geschuldet) brachte seinen Abend doch noch zu einem versöhnlichen Ende.
Sörensen: 3. Auch er ungenügend. Seine Spielauslösung war schlecht bis nicht vorhanden und auch im Zweikampfverhalten konnte er sich einige Male nur mit einem Foul helfen.
Garcia: 4.5. Ganz schwacher Start in die Partie. Fehlpassorgie und technische Unsauberkeiten. Steigerte sich in der zweiten Halbzeit stark und legte stark zum Ausgleich auf.
Gaudino: 5. Besonders nach dem Pausentee sehr viel unterwegs und immer wieder in guten Abschlusspositionen. Seinen Aktionen fehlte jeweils etwas die Durchschlagskraft.
Aebischer: 4. Konnte sich gestern nicht entfalten, weil die Schotten seine Räume sehr dicht machten. Solange der Gegner aber kein Videostudium betreibt, wird er in jedem Spiel zu einer guten Abschlussmöglichkeit kommen.
Lustenberger: 5.5. Vielleicht habe ich bei Lusti jegliche Objektivität verloren, aber ich bin schlicht begeistert von ihm. Als Spieler, als Leader, als Kämpfer, er ist derjenige der das aktuelle YB Gefüge noch zusammenhält.
Fassnacht: 5. Hatte auch Mühe mit der Präzision. Aber ihm gelang, was gelingen musste und zwar den Ball in der 93. Minute irgendwie im Kasten der Rangers unterzubringen.
Nsame: 4.5. Unglaublich was Nsame immer wieder ackert, kämpft und rennt. Gestern liess er die Effizienz vermissen, in der Liga wird er wieder topfen.
Assalé: 5. Zeigt immer wieder, wie wichtig sein wirbliges Spiel für YB ist, oft wird es gefährlich, wenn er den Ball am Fuss hat. Auch wenn er diesen auch mal vertändelt. Skorte mit dem Schienbein und musste bald darauf raus, wir freuen uns, wenn er wieder fit für 90 sein wird.
