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FC St. Gallen – BSC YB 2:3 (1:2)

Es scheint bei vielen Trainern der Super League die Erkenntnis aus der letzten zweiten Saisonhälfte zu sein: Willst du den Meister aus Bern in Schwierigkeiten bringen, musst du das Mittelfeld dominieren und mit einer gewissen Härte ins Spiel gehen. Nachdem Sékou Sanogo die Berner zur Winterpause verlassen hatte, war es tatsächlich so, dass YB im Mittelfeld nicht ganz die Dominanz ausstrahlte wie auf den anderen Positionen. Dank der Verpflichtung Christopher Martins, der alle Qualitäten von Zakaria und Sanogo in sich zu vereinen scheint, ist in YBs Mittelfeld wieder Härte und Wasserverdrängung präsent.

Wenn im Match dann eine gesunde Härte gespielt wird und ein Schiri mit einer klaren Linie diese auch kontrolliert, kann das zu tollen Spielen führen. Urs Schnyder, einer der aufstrebenden der Schweizer Schiedsrichtergilde, hatte weitgehend eine gute Linie gefunden, so dass die Partie der Grünweissen gegen die Gelbschwarzen von Anfang an eine attraktive war. Dank eben dieser Härte, aber auch dank vieler spielerischer Höhepunkten, die in den ersten 30 Minuten in erster Linie vom Gast aus Bern vorgeführt wurden. Der Meister, der erneut auf fünf verletzte (Stamm)spieler verzichten musste, zeigte sich erstaunlich eingespielt. Das Kurzpassspiel, welches die Gelbschwarzen zeitweise aufzuziehen vermochten, kennt in der Schweiz kaum einen Vergleich. Dass dies nicht nur schön anzusehen sondern äusserst erfolgreich sein kann, bewiesen Janko, Aebischer, Ngamaleu und Nsame bereits nach 12 Minuten. Das schnelle, direkte, exakte, überlegte Zusammenspiel der Gäste überforderte die unglaublich junge Verteidigung, der älteste mit 21 war Hefti der Captain, des Heimteams komplett.

Nicht nur spielerisch vermochten die Berner in der ersten Halbzeit zu überzeugen. Es war schon beinahe unglaublich, wie gut der Meister das Spiel der St. Galler zu lesen vermochte. Viele gefährliche Aktionen konnten bereits im Ansatz unterbunden, viele Pässe durch kluges Stellungsspiel verunmöglicht werden. Oder aber früh abgefangen: So bewies Garcia ein äusserst gutes Näschen, als er in einen ungenauen Pass Stergious lief, Nsame lancierte, dieser direkt zu Aebischer spielte, der wiederum seine tolle Übersicht ein weiteres Mal unter Beweis stellte und den durchgelaufenen Garcia so perfekt anspielte, dass er sich alleine vor Torhüter Stojanovic wiederfand; das zweite Berner Tor war für den torgefährlichen Aussenverteidiger nur noch Formsache.

Ein komfortabler Vorsprung ist aber nie eine Siegsicherung. Das mussten die Berner innert fünf Minuten erfahren, als das Heimteam dank zweier Standartsituationen das Geschehen ausgleichen konnte: Erst wollte kurz vor der Pause Martins einen vorgezogenen Trikottausch vornehmen, so sehr riss er am Leibchen seines Gegenspielers. Den fälligen Freistoss aus etwa 21 Metern zirkelte Quintillà herrlich ins Lattenkreuz. Direkt nach der Pause hatten die Espen dann ihre beste Phase, in der Itten zweimal einnetzte. Da seinem ersten Tor eine Abseitsstellung vorausgegangen war, zählte dieses zu Recht nicht. Für sein zweites Tor benötigte er die gütige Mithilfe Garcias, der im 16er naiv seinen Gegenspieler festhielt. Babic fiel leicht, der Elfer war streng gepfiffen aber sicher keine Fehlentscheidung. Auch mag es stimmen, dass zu Beginn beide einander hielten, aber als sich das Geschehen in den 16er verlagerte, war es dann nur noch Garcia der klammerte. Itten jedenfalls machte kurzen Prozess und verwertete den Ball, mit etwas Glück, zum Ausgleich. Glück deshalb, weil David von Ballmoos am Ball dran war, ihn aber nicht um den Pfosten zu drehen vermochte. Doppelt bitter: von Ballmoos sollte im ganzen Spiel kaum einen Ball halten, die St. Galler hatten gut gezählte drei Abschlüsse aufs Berner Tor.

Dass dies nicht zu einem Sieg reichen darf, sahen die Fussballgötter gleich. Eine weitere technische Unsicherheit des Pechvogels Stergious sollte die Entscheidung bringen. Der Innenverteidiger konnte einen hohen Ball nicht sauber kontrollieren. Sein Abpraller landete in den Füssen Spielmanns, der direkt zu Ngamaleu spielte, dieser erblickte rechts von sich einen völlig freistehenden Nsame und dieser kannte genauso wie Garcia eine Stunde zuvor keine Mühe, den Stojanovic zu überwinden. Das Aufbäumen der Gäste in den letzten Minuten brachte dann keine wirkliche Gefahr mehr fürs Berner Tor. Ein toller Sieg für die Moral und ein weiterer Beweis dafür, dass hier wieder eine tolle Mannschaft am zusammenwachsen ist.

Die Noten:

von Ballmoos: 4,5 // war präsent und strahlte ruhe aus, machtlos beim Freistoss, unglücklich beim Elfer

Garcia: 5 // war ein Aktivposten auf der Aussenbahn, naiv im 16er

Zesiger: 4,5 // haute den Ball manchmal noch zu früh unkontrolliert weg statt die spielerische Lösung zu suchen

Lustenberger: 5,5 // der Captain war der Chef auf dem Platz, gewann praktisch alle Zweikämpfe – stark!

Janko: 5 // wie Garcia auf der Gegenseite fleissig und gefährlich im Spiel nach vorne

Aebischer: 4,5 // stellte seine Qualitäten mehrmals unter Beweis, tauchte aber immer mal wieder ab

Martins: 5,5 // pure kraft kombiniert mit feinem Füsschen. Der Junge kommt sehr gut!

Sierro: 4,5 // flog gegen seine ehemaligen Teamkollegen etwas unter dem Radar

Ngamaleu: 5 // in beneidenswerter Form und wieder an zwei Toren direkt beteiligt

Nsame: 5,5 // der doppelte Doppeltorschütze bewies wie wichtig er für YB ist

Assalé: 5 // dank seiner Rückkehr war YB im Sturm noch quirliger

Wechselspieler:

Spielmann (72‘ für Assalé): zu kurz für eine Note, deutete aber seine Gefährlichkeit an, bereitete den Siegtreffer vor, hatte selber noch eine grosse Chance und wurde danach im 16er gefoult

Gaudino (78‘ für Aebischer): zu kurz für eine Note, zeigte aber gute Aktionen, insbesondere im Spiel nach hinten

Lotomba (91‘ für Ngamaleu): zu kurz für eine Note, schien aber allen zeigen zu wollen, dass er heiss ist auf Einsätze

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