Nach dem Winterschlaf die Podiumsdiskussion

Langsam dringt wieder Licht ins gaeubschwarz.be Redaktionszimmer. Der Winterschlaf neigt sich dem Ende entgegen. Während Biber, Pele, Marco und Gomoli sich noch einmal schnarchend umdrehten, wagte ich mich aus der Höhle und besuchte im Le Jardin die Podiumsdiskussion zur Verschärfung des Hooligan Konkordates.

Wer erwartete, an der Podiumsdiskussion im Le Jardin etwas Neues zur Verschärfung des Hooligan Konkordates oder zur allgemeinen Diskussion rund um Gewalt und Ausschreitungen bei Sportveranstaltungen zu erfahren, der war entweder fehl am Platz oder sehr schlecht informiert. Die Positionen sind verhärtet, das merkte der geneigte Zuhörer sehr schnell.

Während im Publikum die Verschlüsse der Berner Müntschi ploppten, duellierten sich auf der Bühne Reto Nause und Hans-Jürg Käser mit Matthias Aebischer und Lukas Meier. Die Namen waren natürlich allen bestens bekannt und auch ihre Meinungen zum Thema.

Einig waren sich die beiden Seiten eigentlich nur in einem Punkt: die YB Fanarbeit ist sehr vorbildlich und trägt viel zur Deeskalation und Gewaltverhinderung bei. Aus genau diesem Grund und den Statistiken der vergangenen Jahren, sind Meier und Aebischer der Meinung, das 2008 erlassene Konkordat reiche vollkommen und es brauche keine Verschärfung. Die Gegenseite sieht das freilich anders und hätte gerne schärfere Rahmenbedingungen, die es ermöglichen, in gewissen Fällen härter durchzugreifen.

Es schien für die Pro-Seite (Nause/Käser) sehr wichtig zu betonen, dass alle Artikel der Konkordats Verschärfung in der Kann-Form formuliert sind. Nicht ganz zu Unrecht musste sie sich daher den Vorwurf der Willkür gefallen lassen. Hingegen sah sich die Kontra-Seite (Aebischer/Meier) mit dem Vorwurf konfrontiert, keine Lösungen für die Probleme zu haben. In allen Streitpunkten (Bewilligungspflicht, Kombiticket, Fanwalks, Alkoholverbot) drehte sich immer alles um die Fragen wie viele Freiheiten den Fans gewährleistet und was in welchen Rahmen bewilligungspflichtig oder sogar verboten werden soll.

Anstatt genauer aufs Gespräch einzugehen (könnt ihr nachhören, siehe Link unten), möchte ich kurz auf die Gesprächsteilnehmer eingehen. Quasi die erste Benotung dieser noch sehr jungen Rückrunde.

Reto Nause:

Der CVP-Gemeinderat ist allen YB-Fans bestens bekannt. Für seinen „Raubtierkäfig“ hat er sich zwar entschuldigt, trotzdem ist er für viele das Symbolbild, wenn es um Repressionen an Fussballspielen in Bern geht. Man merkte, dass sich Nause sehr gut mit der Thematik auskennt und ich nehme ihm gerne ab, dass er die Anliegen der Fans ernst nimmt und sich damit auseinandersetzt. Besonders wichtig war ihm, dass nicht die YB-Fans das Problem seien, sondern die FCB-Fans, die als Symbol für alle gewalttätigen Gästefans herhalten mussten. Gleich 14-mal wurden diese als negativ Beispiel hinzugezogen. Wie gefährlich sie sind, zeigte ein Basler Fan im Publikum in der anschliessenden Fragerunde… Trotzdem hatte ich von Nause beim Verlassen des Saals einen positiveren Eindruck als vorher, denn für die unterschiedliche Meinung die wir beide haben, kann weder er noch ich etwas dafür.

Hans-Jürg Käser:

Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal die… Ah, nein, wir gehen ja respektvoll miteinander um. Allerdings war ich schon sehr erstaunt, dass Herr Käser kein Beispiel für einen Club nennen konnte, der in seinen Augen unproblematische Fans hat. Er sprach dann immer von den „Clubs der unteren Tabellenregionen“. Somit dürften also die Lausanne-Supporter das grössere Problem als die Fans des FCZ darstellen. Dass die Verschärfungen zum Erfolg führen, konnte Käser mit eigenen Augen verifizieren. Sein Holland-Belgien-Deutschland-Reisli bewies dies nämlich. Vielleicht würde es Käser auch mal gut tun, ein Reisli in Schweizer Stadien zu unternehmen. Auch einige Widersprüche kamen von Käser. So seien einerseits die Fanwalks und alkoholisierte Fans des Teufels, andererseits seien die YB-Fans mit ihrem Marsch und Auftreten in Liverpool ein grosses Vorbild gewesen. Ich wage mal zu bezweifeln, dass da alle mit 0,0 zum Stadion liefen…

Matthias Aebischer:

Er nahm sich schon mit dem ersten Satz quasi aus dem Rennen, indem er sagte, das Konkordat gehe ihn als nationalen Politiker nichts an sondern nur als Fan. Und als Fanvertretung ist Herr Aebischer, ohne irgendein Fan-Sein bewerten zu wollen, wohl nicht die beste Wahl. So kam er dann auch selten zu Wort. Seiner Meinung nach reicht das bisherige Konkordat vollkommen aus und er sieht eine Verschärfung als unnötig. Sein grösstes Anliegen ist, dass er weiterhin mit seinen Girls im YB-Libli an einen Match gehen kann, und dass alle trotz den grossen Differenzen fair und mit Respekt miteinander umgehen. Das war‘s, mehr kam nicht.

Lukas Meier:

Seine Leistungen und somit die der ganzen Fanarbeit wurden von allen Teilnehmern mehrfach in höchsten Tönen gelobt. Für Lukas Meier ist klar, dass dieser Weg des Miteinander, der Toleranz und des Dialogs der richtige ist, nicht zuletzt zeigen dies auch aktuelle Statistiken. Er führte der Pro-Seite die Schwächen des verschärften Konkordates  immer wieder schön vor Augen. Meier kennt natürlich alle Aspekte und Facetten der Problematik, so dass er wenig Angriffsfläche bietet und Argumente bringt, die selbst von der Gegenseite nicht aus dem Weg geschafft werden können.

Gisela Feuz:

Sie führte als Moderatorin durch die Diskussion. Mit fortschreitender Dauer des Gesprächs konnte sie leider ihre Neutralität, die sie als Moderatorin an den Tag legen müsste, nicht mehr halten. Aber alles in allem machte Frau Feuz einen guten Job und hatte sich auch bestens vorbereitet.

Fazit:

Nause und Käser muss hoch angerechnet werden, dass sie sich in die Höhle des Löwen begaben, ihre Meinung wurde kaum von einem Zuschauer geteilt. Trotzdem blieb das stets Publikum fair und es gab keinen einzigen Pfiff, wie der gewiefte Herr Aebischer ganz zum Schluss feststellte. Alles in allem war es eine gelungene Veranstaltung, die aber erwartungsgemäss kaum neue oder bahnbrechende Erkenntnisse ans Licht führte.

Das Gespräch in leicht gekürzter Fassung findet ihr ab dem 30. Januar 2013 hier: http://www.radio-gelb-schwarz.ch/home.htm

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