Inkonsequent und heuchlerisch

„Jetzt spricht Fortes Mamma!“ titelt die Zeitung mit den fünf Buchstaben heute.
Drei Tage sind nun seit der Verpflichtung Uli Fortes verstrichen und noch immer rauscht es gehörig im Blätterwalde.
Aber warum eigentlich?

OK, der Wechsel zu YB kommt für alle überraschend. Schliesslich hat Forte eine sehr starke Saison mit dem Fast-Absteiger GC hinter sich, gewann den Cup und spielte – zumindest theoretisch – bis zur letzten Runde um den Titel mit.
YB hingegen hat die schwächste Saison seit gefühlten 20 Jahren hinter sich und spielt zum ersten Mal seit langem nicht europäisch.
Ein klarer Fall für den geneigten Beobachter: So ein Wechsel macht keinen Sinn.
Macht er doch, schliesslich hat Uli Forte seine Gründe (ob für andere nachvollziehbar oder nicht) klar dargelegt und sich, deutlicher als kaum ein Trainer je zuvor, erklärt.
Auf diese Gründe und die Verpflichtung will ich gar nicht gross eingehen. Ich freue mich auf den neuen Coach und traue ihm Einiges zu. Da aber noch diverse Zu- und vor allem Abgänge zu erwarten sind, wehre ich mich gegen verfrühte Euphorie.

Was mir sauer aufstösst, ist aber die Berichterstattung zu diesem Wechsel.
Klar: Eine grosse Sportredaktion des Landes dürfte am Samstag Vormittag ziemlich leer geschluckt haben. Schliesslich hat man auf der Titelseite bereits Ciri Sforza zum Trainer ernannt, der es aber bekanntlich nicht wurde. Das darf einem auch mal im Stolz kränken und scheint auch dazu zu berechtigen, diesem Thema in der Sonntagsausgabe ganze 6 (in Worten: sechs!) Seiten zu widmen.
Mitunter durfte sich „GC-Edel-Fan“ (bitte auf der Zunge zergehen lassen) Roman Kilchsberger äussern und sowohl Forte als auch Uns-Fredy als Heuchler und Lügner bezeichnen. Einfach so.

Was soll dieses empfindliche Gedöns?
Jahr ein, Jahr aus wechseln Spieler den Verein nach Lust und Laune. Ob in eine internationale Liga, innerhalb der Liga, innerhalb des Kantons oder gar innerhalb der Stadt. Zum Teil wechseln sie nach 1-2 Jahren, manchmal auch schon nach kürzerer Zeit (Freundliche Grüsse an Kader Mangane). Dies geschieht teils aus perspektivischen oder monetären Gründen, wobei meist vor allem Letzteres ausschlaggebend sein dürfte. Spieler haben aber im Normalfall auch „nur“ 15-20 Jahre Zeit, um genug Geld zu verdienen damit sie anschliessend ausgesorgt haben. Die wenigsten werden nämlich im Anschluss an ihre Spielerkarriere Trainer, Scout, oder ähnliches und nicht alle haben eine Ausbildung abgeschlossen, die ihnen gleich nach der Laufbahn ein geregeltes Einkommen sichert. Der Begriff Vereinstreue ist heute lange nicht mehr so verbreitet wie vor 20 Jahren und Spieler verdienen zum Teil astronomische Summen, die man vor einem normalen Büetzer eigentlich kaum mehr rechtfertigen kann.

Die Gesellschaft, einschliesslich Fans und Medien, hat diese Zustände schon länger akzeptiert und man äussert sich nur noch in Extremfällen kritisch.
Fussballtrainer aber, scheinen weiterhin eine besondere Spezies zu sein.
In dieser Saison gab es schon nur in der höchsten Spielklasse 14 (!) Trainerwechsel. Im Zweifelsfalle ist der Trainer immer das schwächste Glied, da man bei ausbleibenden Erfolgen selten das halbe Team auswechseln kann.
Daher trägt der Übungsleiter die grösste Verantwortung und ist dem minimalen Abstand zwischen Held und Depp gnadenlos ausgeliefert. Im Gegensatz zur Privatwirtschaft wird der leitende Angestellte im Fussball nicht einmal am besten bezahlt. Nicht selten haben Spieler höhere Saläre als die Trainer, können sich aber bei schlechten Leistungen im Kollektiv verstecken und müssen nach drei Niederlagen am Stück nicht gleich um ihren Job bangen.

Daher ist es meiner Meinung nach absolut korrekt, dass sich auch Fussballtrainer absichern. Zum Beispiel eben mit Ausstiegsklauseln, die Ihnen den Ausstieg bei interessanten Angeboten ermöglichen -> analog vieler Spielerverträge.

Diese Mechanismen im Trainergeschäft sollten von Fans und vor allem von meinungsbildenden Medien genau so akzeptiert werden wie diejenigen auf dem Spielermarkt. Alles andere ist pure Heuchelei und absolut inkonsequent.

Kleines Beispiel?
Frank Feltscher hat in jedem Cupspiel für GC getroffen und somit einen gewichtigen Anteil am Titelgewinn der Heugümper aufzuweisen. Wäre am Samstag sein Transfer zu YB vermeldet worden, mehr als 6 Zeilen wäre diese Meldung keiner Zeitung wert gewesen. Und weder „GC-Edel-Fan“ Kilchsberger noch Mamma Feltscher wären dazu befragt worden.

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