Luxemburg statt Lissabon

Am Stadtrand von Luxemburg ist Hamm Benfica zu Hause. Ein Besuch in einer obersten Liga, die ein bisschen anders tickt.

Mit 224‘000 Mitgliedern ist Benfica Lissabon (selbstverständlich heisst es korrekt SL Benfica, liebe Clubnamen-Fundamentalisten) der mitgliederstärkste Sportverein der Welt. Der 32-fache portugiesische Meister hat aber nicht nur auf der ganzen Welt Mitglieder und Fans, sonder auch Anhänger, die gleich einen eigenen Verein mit dem Namen Benfica gegründet haben. Während die Immigranten-Vereine in der Schweiz meist ein Schattendasein in unteren Ligen fristen, spielt Hamm Benfica in der obersten Spielklasse seines Landes. Selbst Fussballexperten, die alle UI-Cup-Sieger im Schlaf hinunter beten, dürften beim Namen Football Club Rapid Mansfeldia Hamm Benfica ins Grübeln kommen. Hamm Benfica spielt seit 2007 in der höchsten Liga Luxemburgs und traf dort vor einer Woche zu Hause auf Etzella Etzelbrück. Hamm ist der Name des Stadtteils von Luxemburg, wo Benfica beheimatet ist.

Super Sponsor
Inmitten eines gediegenen Wohnquartiers liegt der Sportplatz Terrain de Football Cents. Während der sorgsam gepflegte Trainingsplatz als Parkplatz für die stattlichen Mittelklassewagen genutzt wird, ist das eigentliche Spielfeld mit einer kleinen Tribüne flankiert. Noch eindrucksvoller ist jedoch das imposante zweistöckige Klubhaus, dessen Fassade von vier Klubwappen geziert wird. Statt eines Atlantikwindes weht eine unangenehme Bise über den Platz. Abgesehen davon könnte man sich schon fast in Portugal wähnen. Im Innern des Kassenhäuschens (Eintritt Erwachsene 8 Euro) hängt eine portugiesische Flagge. Auch der bekannteste Bierbrauer Lusitaniens Superbock ist bei Hamm Benfica omnipräsent. Als Biermarke darf Superbock sogar als Leibchensponsor werben, was für den Besucher aus dem Land, das sogar Werbung von Wettanbietern verbietet, eine willkommene Überraschung ist. Einen weiteren Sympathiepunkt gewinnt Hamm Benfica am Bierstand. Selbstverständlich wird Superbock ausgeschenkt – doch nicht etwa in abgestandenen Plastikbechern, sondern in handlichen 0,33 cl-Fläschchen, das Stück zu zwei Euro. Glasflaschen im Stadion der obersten Liga – Käser würde glatt seine Pfeife verschlucken.

Vermisste portugiesische Leichtigkeit
Das Spiel zwischen den beiden Mannschaften, die meines Wissens alle aus Amateuren bestehen, fand in der ersten Halbzeit auf erschreckend tiefem Niveau statt. In meiner Vorstellung siedelte ich die luxemburgische Nationaldivision etwa auf 1. Liga-Niveau an. Doch in Hälfte eins wären Hamm Benfica und Etzella Etzelbrück in den höchsten Schweizer Amateurligen gnadenlos überfahren worden. Kaum ein Pass kam an und harte Fouls prägten das Spielgeschehen. Die 158 Zuschauer bestanden mehrheitlich aus älteren Exil-Portugiesen, die ihrem Unmut über das Spiel in einem Kauderwelsch aus Lëtzebuergesch und Portugiesisch freien Lauf liessen. Trotzdem stand es zur Pause 1:1. Zuerst ging Hamm Benfica nach einem YBesken Abwehrfehler von Etzelbrück in Führung. Wenige Minuten später das gleiche auf der anderen Seite.

Nach dem Seitenwechsel verbesserte sich das Spiel deutlich und nährte sich 1. Liga Promotion-Niveau. Beide Mannschaften, im Mittelfeld der Tabelle klassiert, spielten nach vorne und generierten mehrere Chancen. Abermals war es das Heimteam, das nach einem Freistoss schnell reagierte und die Führung übernahm. Von da an war Hamm Benfica stärker, was die Rentner-Gruppe mit einem anerkennenden Nicken quittierte. Nach dem 3:1 von Hamm Benfica war das Spiel entschieden, daran änderte auch der Anschlusstreffer von Etzelbrück nichts mehr. Nach dem Spiel zogen sich einige der Zuschauer sogleich ins warme Klubhaus zurück. Andere hingegen rollten mit ihren Autos vom Trainingsplatz, welcher der Belastung problemlos standhielt und fast ein wenig an das Grün im Estadio da Luz erinnerte.

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