Bewegende Momente

„YB geht an Krücken“, würden Boulevard-Zeitungen wohl titeln, wenn wir um eine Stellungnahme zur aktuellen Situation fragen würden.
Machen wir aber nicht – verfassen wir lieber selber.

Und meiner, aktuell sehr frustrierten Meinung nach, geht YB nicht an Krücken sondern sitzt mindestens im Rollstuhl. Damit sind nicht nur der aktuelle Tabellenstand oder die Nichtleistungen in Zürich gemeint, nein.
YB ist drauf und dran, den Anschluss an den heimischen Spitzenfussball zu verlieren – und zwar nicht nur kurzfristig.
In den letzten Jahren hat der Verein enorm viel Goodwill verloren. Angefangen von der Absetzung Niedermaiers, der Formulierung von grössenwahnsinnigen Phasen-Theorien, über die Installation des Meistermachers, des Verspielens der letzten Funken Sympathie sowie dem krampfhaften Versuch diese wieder zurückzugewinnen.
Natürlich: Ein Staff mit Häberli, Collaviti und Fryand bringt generell schöne Erinnerungen zurück. An eine Zeit, die zwar mit „Spitze“ nicht viel zu tun hatte, aber dafür umso mehr mit „Rettung“, „Neustart“ und „Aufbruch“.

Passend dazu: Die Rückkehr von Fredy Bickel. Unumstritten ein Sportchef mit eindrücklichem Palmares und aktuell Hoffnungsträger eines ganzen Vereins (auch von mir, nebenbei) Nur: In meinen Augen ist es nun paradoxerweise seine Aufgabe, die alten Zöpfe im Verein abzutrennen und sich an der Zukunft zu orientieren. Und dies im Sinne des Vereins und eben nicht im Sinne der Harmonie und Nostalgie.

Es gilt, schleunigst einen Plan zu erstellen. Eine Vereinspolitik, welche verfolgt wird – und zwar per sofort und auch konsequent. Aus dem Titelrennen sind wir eh schon lange raus und für die kommende Saison sind die Aussichten nicht viel besser. Daher muss man nun von Grund auf alles und jeden hinterfragen. Schon nur aus finanziellen Gründen, sollte der Fokus vermehrt auf junge Spieler gelegt werden, die sich um eine Achse aus erfahrenen und führungsstarken Spielern gruppieren.
Daneben vielleicht 2-3 ausländische Spieler, die Ihr Geld wert sind und eine gewisse Konstanz an den Tag legen. Diese Mannschaftspolitik wäre wohl nicht von Beginn weg erfolgreich, allerdings könnte man darauf aufbauen und für einmal regelmässig Fortschritte machen.

Dieses Team gehört danach in die Hände eines fähigen und mutigen Trainers, der sich von jungen Jahrgängen nicht verunsichern lässt sondern in der Lage ist, dem hungrigen Team seine Ideen plausibel zu erklären, damit diese auch 1:1 umgesetzt werden. Man sollte bereits nach einigen Spielen erkennen können, wofür der Trainer steht, wo die taktischen Schwerpunkte liegen und – vor allem – dass die Spieler diese mittragen und umsetzen können.

Und dafür ist Martin Rueda nicht der richtige Mann.
YB hat im Sommer für Aufsehen gesorgt, als man dem neuen Trainer nur einen Einjahresvertrag angeboten hat. Diese unübliche Methode ist meiner Meinung nach eine gute Sache: Der Trainer hat so während einer Saison die Möglichkeit, mit seiner Arbeit zu überzeugen. Klappt das, wird gerne verlängert. Klappt es nicht, läuft der Vertrag aus und man trennt sich, ohne noch jahrelang den Lohn berappen zu müssen.
Auch wenn die Rückrunde erst gerade gestartet ist und wir noch Februar haben: Es hat nicht geklappt.

Die einzigen Ausrufezeichen, welche vom Trainer gesetzt wurden, waren die Auftritte in der Europa League. National hat das verhältnismässig teure Team auf der ganzen Linie versagt. Es gab keine Phase, in denen Leistungen konstant auf hohem Niveau gezeigt wurden. Auf passable bis gute Spiele folgten immer wieder Bankrotterklärungen.
Daran ist sicher nicht nur der Coach schuld, nein, auch das Team muss in die Verantwortung gezogen werden. Deshalb können nebst dem Trainer auch gleich einige Grossverdiener, Kaderauffüller und Leistungsverweigerer im Sommer verschachert werden.

Folgende Akteure dürfen sich im Sommer neu orientieren.

Einen neuen Trainer zu finden, der innovativ ist und sein Team taktisch gut einstellen kann, ist die Aufgabe Fredy Bickels. Viele Teams im nationalen und internationalen Vergleich haben bewiesen, dass dies möglich ist und nicht ständig einer der Standard-Trainer aus der Wiederverwertungskiste reanimiert werden muss.

Bezüglich ausländischen Spielern mit hoher Qualität und konstanten Leistungen, wäre der Zuzug von Michael Dingsdag höchst erfreulich. Er wäre ein Leadertyp und könnte die Defensive merklich stabilisieren.
Des Weiteren gilt es, den jungen Spielern viel Spielzeit zu geben, damit sie sich weiterentwickeln können. Dies wäre finanziell und auch sportlich sicher interessanter als halbfertige Spieler aus dem Ausland zu holen, welche sich nebst der fehlenden Qualität auch jeweils noch integrieren müssen.

Folgendermassen könnte die Mannschaft in der kommenden Saison auflaufen:

Wölfli/Mvogo
Nef/Veskovac – Dingsdag – Affolter/Bürki
Sutter/Gonzalez – Zverotic/Bertone – Spycher/Sessolo – Nuzzolo/Mändu
Costanzo/Schneuwly
Gerndt/Tabakovic – Frey/Afum

Diese Mannschaft wäre in der Lage, mindestens so viele Punkte zu holen wie die aktuelle, zudem würden die jungen in der zweiten Reihe vermehrt zu ihren Einsätzen kommen. Ebenso würde das Lohnbudget durch die Abgänge von Zarate, Farnerud und co. erheblich entspannt.

Keine Ahnung ob man bei YB den Mut hat, einen weiteren „Neustart“ zu lancieren und wichtige Spieler wie Farnerud ziehen zu lassen. Wahrscheinlich wird nicht einmal der Trainer gewechselt werden, damit die Spieler kein Alibi haben. Nun: Ändern wird sich so bestimmt nichts. Denn ob mit Alibi oder ohne – der Lohn ist Ende Monat trotzdem auf dem Konto und Bern ist eine schöne Stadt. Die beste Lösung ist es, sich sowohl vom Trainer, als auch von einigen Spielern zu trennen.

Vielleicht geht es danach nicht besser – aber ganz sicher auch nicht schlechter.

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