Tag eins nach der Entlassung Niedermaiers

Einige können es noch nicht fassen und praktisch niemand kann es nachvollziehen: Seit gestern Mittag ist Stefan Niedermaier nicht mehr unser CEO. Wir werden zu gegebener Zeit eine umfassende Würdigung der Arbeit Niedermaiers vornehmen. Nun aber wollen wir uns aber kurz mit der Gegenwart befassen.

 In den Medien und in Fankreisen wird gegenwärtig viel gerätselt, was hinter dem Abgang Niedermaiers und hinter der Anstellung Kaenzigs stecken mögen. Wir haben seit gestern viel über die künftige Ausrichtung der Young Boys gelesen und gehört, und wissen dennoch wenig. Seitens des Verwaltungsrats wird man nicht müde zu betonen, mit Kaenzig einen ausgewiesenen Fachmann an Bord geholt zu haben. Zukünftig soll der Fussball im Vordergrund stehen und man redet vom totalen Angriff im nationalen und internationalen Fussball. Dazu brauche es einen Kaenzig, der die entsprechenden Kontakte habe und etwas von der Sache verstehe. Gleichzeitig wolle man Bern zu einem nationalen Zentrum für grosse Events machen. Wir kennen aus der Vergangenheit, welche Widersprüche bereits in diesen Aussagen stecken, lassen diese aber vorerst beiseite. Wir haben also zwei Ziele die verfolgt werden, nämlich ein sportliches und ein kommerzielles. Nehmen wir zuerst das Sportliche.

YB soll nicht nur zufälligerweise, sondern regelmässig um den Titel spielen, so Kaenzig in einem seiner ersten Interviews in seiner neuen Funktion. Wir halten dem zuerst einmal entgegen, dass YB in den letzten Jahren mit einer Ausnahme stets um einen Titel spielte. Und dies war keinesfalls Zufall, im Gegenteil. Wir halten weiter dafür, dass YB mit seinen Mitteln sehr viel herausholte. Will man aber wirklich vom „ewigen“ Herausforderer zum immerwährenden Titelaspiranten werden, braucht es vor allem eines, mehr finanzielle Mittel. Der Krösus der Liga, der FCB, hat ein deutlich höheres Budget. Er hat damit zweifellos Handlungsfreiheiten, von denen man bei YB nicht einmal zu träumen wagt. Allerdings hat dies auch eine Kehrseite: Basel ist schwer defizitär. Bernhard Heusler meinte kürzlich, dass für den FCB im nationalen Geschäft ein strukturelles Defizit von rund zehn Millionen Franken resultiere, welches nur durch das Engagement von Privatpersonen gedeckt werden könne. Wir gehen nicht davon aus, dass wir im sportlichen Bereich derart mehr Umsatz generieren können, um finanziell aus eigener Kraft zum FCB aufzuschliessen. Und wir haben keinen Mäzenen, der ohne weiteres im Fall der Fälle mal eben zehn Millionen einschiessen kann. Um wirtschaftlich einigermassen abgesichert dazu stehen, brauchen wir also regelmässig mehr Mittel. Dies bringt uns zu Punkt zwei.

 Bern soll mehr nationale Anlässe anziehen und auch diesbezüglich die Konkurrenz ausstechen. Bereits redet man in der grössten Zeitung der Schweiz davon, das Stadion zu überdachen und zu einem „Event-Tempel“ zu machen (Blick vom 10. August 2010). Wir wissen bestens was es bedeutet, wenn einer dieser nationalen Anlässe dem Fussball in die Quere kommt (wir erinnern uns an den Heimspielabtausch gegen Marseille). Darüber hinaus sind wir äusserst skeptisch, ob die Politik der Hauptstadt ohne Weiteres bereit sind, die damit verbundenen (Mehr-)Emissionen in Kauf zu nehmen. Und zudem fehlt doch irgendwie derjenige, der das Ganze auch an den Mann bringen soll. Und zuletzt: Was für Anlässe sollen das denn sein? Mehr Interpreten vom Schlage eines Bruce Springsteen oder einer Pink? Oder mehr Bibeltage? Vielleicht fehlt uns die Fantasie, aber wir sehen kein Potential, die fehlenden zehn Millionen auf dieses Art und Weise zu erwirtschaften. Und – dieses Eindrucks können wir uns bisher nicht erwehren – es scheint auch dem neuen Stadionmanager Kaenzig zu fehlen. Oder wurde sein Konzept und sein Businessplan im allgemeinen Getümmel einfach nicht gehört? Bis zu uns gedrungen sind jedenfalls nichts mehr als die paar genannten Schlagwort „Event-Tempel“, Stadionüberdachung und Events mit nationaler Ausstrahlung. Vielleicht weiss er ja noch selber nicht ganz, was er damit meint.

 Tag eins nach der Entlassung Niedermaiers. Wir wissen nicht mehr und wir haben kein gutes Gefühl.

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