Schiri-Spezial

Papi, heute hab ich es begriffen!

Ich hatte neulich eine dieser Sinnkrisen: im letzten Spiel verlorene Meisterschaften, verlorene Cupfinals, unsäglich traurige Niederlagen in internationalen Bewerben oder unfassbare Cupouts wie Wil auswärts oder Lausanne zu Hause. Diese ewigen Frustrationen, diese doofen „i has dr geng gseit diä schaffes nie!“-Sprüche von irgendwelchen Anti-Fussballern, denen YB’s Misserfolg eine gute Gelegenheit bietet, das eigene Unglück zu kaschieren und sich daran aufzugeilen, dass sie immerhin nicht dieses Loser-Gen von YB in sich tragen. Nichts hinderte mich aber daran, die Gelbschwarzen weiterhin zu YBen…

Dennoch begann ich, auf meinen Papi böse zu werden: Er war es, der mich, als ich zarte vier Jahre alt war, in dieses baufällige Wankdorf schleppte: Elf gelbschwarze Männlein standen auf dem Platz, ganz still und stumm. Ein paar Tausend treue Seelen schauen sich jeweils das Gekicke an, ich will eigentlich nur den Flusco-Drink und hoffte, dass YB gewinnt, weil mein Papi sonst immer so böse schimpfte und dabei rot in der Rübe wurde. Schiedsrichter, so werde ich belehrt, sind Leute, die selber nicht Fussball spielen können und sich dann in den Mittelpunkt drängen. Gegnerische Fans sind arme Leute, weil es für sie in Bern keinen Platz hatte. Das war damals moderne Erziehung… Lieder singen war irgendwie auch toll und als ich ein bisschen grösser wurde erlaubte mir Papi auch beim „UFTA“ mitzumachen… So war es auch klar, dass ich nach Nyon fuhr, dass Locarno für ein NLB-Spiel nahe genug ist und auch ein Cupspiel in Vevey Sinn macht. Erfolgserlebnisse: Ein paar geile Siege (für mich unvergessen das 7:2 gegen Lausanne) und eine Aufstiegsfeier… Titel: Fehlanzeige…

Papi meinte immer: „Irgendwann wirst du es begreifen“, tönt wie eine Seifenoper, ist aber so. Er hat gut reden: Er wurde nicht paar Monate nach dem letzten Titel geboren und wartet seither, ohne zu wissen, was das bedeutet… Ich suchte meine Erlösung im deutschen Fussball und obwohl Rudis und Carstens wunderschöne blonden Haare und Ulfs Qualitäten als Skorer mich zum Leverkusen-Fan machten: Glücklicher wurde ich dadurch nicht.

Heute, ja heute bin ich froh, heute hab ich was gelernt. Dafür hat es sich alles gelohnt, dieser eine verdammte Sieg, die Aussicht auf fünf internationale Partien, die Hoffnung, dass der Funken in der Meisterschaft nun auch überspringt und vielleicht auch in die eine oder andere Cup-Partie… Vielleicht holen wir endlich einen Chübu… Auch ohne Chübu lässt sich sagen:

Papi, heute hab ich es begriffen!

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