BSC YB – Dynamo Kiev 2:0

Ist es der Moment, als Marco beim zweiten „Wölfli“-Fangesang von Ballmoos hoch zieht und ihn als Thronfolger präsentiert wie es einst Rafiki mit Simba in Lion King tat?

Oder ist es die Jubelattacke auf von Bergen während dessen SRF-Interview, die sogar dem YB-Captain ungewohnte Emotionen entlockt? Vielleicht doch die gefühlt 100 perfekten Seitenwechsel von Nuhu, meist gepaart mit einer lehrbuchmässigen Brustannahme Benitos? Wohl am ehesten der Treffer zum 2:0, den Lotomba zusammen mit Hoarau erzielt während Dynamo-Torhüter Koval gerade vom Karma gef… pardon, bestraft wird.

Man weiss auch am Morgen danach kaum, welche Eindrücke des gestrigen Abends am präsentesten sind. Fakt ist, dass uns diese Mannschaft eine unvergessliche Erinnerung beschert hat. 

Ein Jahr nach dem Wunder gegen Schachtar Donetzk greift YB ein weiteres Mal nach den Sternen. Dieses Mal braucht man aber nicht von einem Wunder zu reden: Es war ein unglaublich starker Auftritt einer Mannschaft, die den Wunsch des Trainers nach einem perfekten Spiel erfüllen konnte. Dynamo Kiev wirkte von Beginn weg seltsam passiv und uninspiriert, als wäre das Weiterkommen bereits besiegelt. Diese Passivität dürfte aber auch am YB-Auftritt gelegen haben. Von der ersten Sekunde an waren die Gelbschwarzen unglaublich aggressiv und engagiert, kauften den Ukrainern in den Zweikämpfen den Schneid ab und waren auch spielerisch die bessere Mannschaft.

Besonders Roger Assalé schien in der ersten Halbzeit vor Spielwitz zu platzen und war kaum zu bremsen. Clever, wie er sich nach einer Viertelstunde, aus knappem Offside startend, von hinten an den Verteidiger schlich und von diesem unglücklich getroffen wurde. Der polnische Unparteiische entschied auf Elfmeter und Guillaume Hoarau erzielte in gewohnt souveräner Manier sein erstes Saisontor.

Auch im Anschluss an diese Führung blieb YB konzentriert und verteidigte geschickt. Jarmolenko genoss kaum Freiheiten und Mbokani dürfte die nächsten paar Tage gegen seine Sanogo-Alpträume ankämpfen. Die beiden lieferten sich unzählige harte Duelle wobei es meist der Kongolese war, der gegen diesen menschgewordenen Achttausender das Nachsehen hatte.

Das Team von Adi Hütter setzte nebst der harten Zweikampfführung vor allem auf das Spiel über die Flügel, welches sehr gut funktionierte. Die offensiven Aussenverteidiger Benito und Mbabu wurden häufig lanciert und genossen viele Räume, die unter anderem durch die intelligenten Laufwege von Fassnacht und Ravet generiert wurden. Eine dieser Aktionen führten nach starker Benito-Flanke zu einem Kopfball Assalés, der nur knapp am Tor vorbeistrich.

YB suchte den zweiten Treffer aber nicht auf Biegen und Brechen sondern agierte mitunter auch geduldig, im Wissen das ein 2:0 auch spät fallen darf, sofern man hinten die Null hält. Hier zeigte sich oftmals die Routine von Captain von Bergen und Guillaume Hoarau, die ihre Mannschaft im richtigen Moment zu beruhigen wussten.

Auch nach der Pause startete YB umsichtig, spielte frech nach vorne, ohne die Defensive zu vernachlässigen. Der mittlerweile genervte Jarmolenko kam kaum ins Spiel und gerade als man dachte, man hätte ihn endgültig im Griff, wurde er geschickt freigespielt und stürmte auf Marco Wölfli zu. Manch einem Zuschauer dürfte in dieser Szene die YB-Wurst im Hals steckengeblieben sein – doch der alte Mann zwischen den Pfosten blieb lange stehen und wehrte den Ball mit dem rechten Arm gekonnt ab. Danach schien das Pendel endgültig zugunsten des Heimteams auszuschlagen. YB liess nun kaum mehr etwas zu und kam zu weiteren Chancen. Ravet sah seinen spektakulären Fallrückzieher pariert, eine gute Aktion von Kiev-Goalie Koval. Dieser fiel ansonsten nur durch Provokationen und Zeitspiel auf, besonders Letzteres schien von Beginn weg der Matchplan der Ukrainer zu sein. Es war beinahe bilbaoesk, wie oft die Spieler von Trainer Khatskevich auf dem Kunstrasen liegen blieben, um nach kurzer Pflege wieder wie junge Hüpfer ins Spiel zurückzukehren.

Pünktlich auf die YB-Viertelstunde reagierte Adi Hütter und brachte mit Nsamé und Sulejmani neue Kräfte für die Offensive. (Wohl dem, der solche Akteure einwechseln darf!)

Keine fünf Zeigerumdrehungen später schien sich dieser Doppelwechsel auszuzahlen: Toller Steilpass von Sulejmani auf Hoarau, dieser umspielt zwei Verteidiger und schliesst ab… abgeblockt… der Abpraller landet bei Nsamé, das Tor ist leer… NEIN, auch dieser Ball wird abgewehrt. Argh! Eine Doppel-Grosschance etwas mehr als zehn Minuten vor Schluss, das hätte es doch sein müssen!

Auf den Rängen war die Stimmung zwar ungebrochen gut, doch manch einer schien aufgrund des fehlenden Tores, des schauspielenden Goalies und der vergebenen Chancen langsam die Ruhe zu verlieren. Zum Glück schwappte diese Nervosität nicht auf die Mannschaft über, die nach wie vor den Spielplan befolgte und an den zweiten Treffer glaubte. Hütter hatte mittlerweile den jungen Lotomba für den fleissigen Sow eingewechselt und setzte somit noch mehr auf Tempo und jugendliche Frechheit.

Kurz vor dem Ablauf der regulären Spielzeit wurde Sulejmani schön freigespielt, dieser macht esich auf Richtung Tor und zwang Koval mit seinem schwächeren rechten Fuss zu einer Parade.

Der anschliessende Corner sollte das Stimmungsfass Wankdorf zum Überlaufen bringen: Sulejmani auf Lotomba, dessen Kopfball flog via Hoarau Richtung Tor und der bereits mehrfach erwähnte Koval bugsierte die Pille gleich selber hinter die Linie! TOOOOOOR! 2:0!

Ironischerweise hatte Kiev nun 6 Nachspielminuten zur Verfügung, um doch noch den Auswärtstreffer zu entscheiden. Notabene hatten die Gäste für 5:59 dieser Nachspielzeit selber gesorgt… Doch YB konnte die Leistung durchziehen und verteidigte geschickt und fehlerlos. Aus! Fertig! YB steht im CL-Playoff und hat mindestens noch acht europäische Auftritte vor sich!

Die Noten:

Wölfli 6/ Parierte in Heldenmanier gegen Jarmolenko, Big-Save des Spiels!

Mbabu 6/ Dieser Mann hat 6 Lungen und 230 PS!

von Bergen 6/ Zeigte wie gut er nach wie vor ist, drittes zu-Null im vierten Spiel.

Nuhu 6/ Seine Spielverlagerungen erinnern an Landschaftsbilder grosser Künstler, sein Zweikampfverhalten wird immer besser.

Benito 6/ Hat mit der Brust eine bessere Ballannahme als manch einer mit dem Fuss. Starker Auftritt nach der Kritik vom Hinspiel.

Ravet 6/ Unermüdlicher Antreiber nach vorne, fleissiger Kämpfer nach hinten.

Sanogo 6/ Der Inbegriff eines Abräumers.

Sow 6/ Viel unterwegs, mit guten Ideen. Hatte ein paar wenige Fehler welche aber allesamt ausgebügelt wurden.

Fassnacht 6/ Vor allem in der Defensive aktiv mit vielen wichtigen Szenen.

Assalé 6/ In der ersten Halbzeit allgegenwärtig, ihn konnte die Kiever Defensive nie kontrollieren.

Hoarau 6/ Da ist er wieder!

Nsamé 6/ Fügte sich perfekt ins Spiel ein, enorm Kopfballstark.

Sulejmani 6/ Brachte die entscheidenden Impulse und entschied das Spiel mit.

Lotomba 6/ Hat mit fünf Minuten Einsatzzeit mind. sechs Millionen eingespielt. Kann man mal machen.

Hütter 6/ Trotz harscher Abwehr-Kritik nach dem Hinspiel und dem guten Auftritt gegen GC, setzte der Trainer mehrheitilich auf die Start-11 vom Hinspiel und wurde dafür belohnt. Perfekt eingestellte Mannschaft, perfekt gewechselt – Bravo!

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